Marokko I

Marokko I

Starring: Hans, Geli, Anke, Martin mit der Berberflagge. Dieses rote Dingsda in der Mitte der Flagge symbolisiert übrigens einen freien Mann. Die Berber sind stolz drauf, stets Freie gewesen zu sein. (Foto: Mohamed Ouali)

Diese Alisios. Ständig kamen sie von vorn, zumindest mit Blick auf unsere Pläne. Dabei wollten wir doch nach Marokko segeln. Schließlich rangen wir uns durch, kurzentschlossen zwei Flüge zu buchen und das Boot in Las Palmas zu lassen. Die konnten uns doch gern haben, diese Alisios. Natürlich ergab sich ein perfektes Wetterfenster mit guten Winden, kaum dass die Flüge gebucht waren. Seglerleben …

In Agadir warteten Geli und Hans, SY Bijou, sowie Blabla-Mohamed auf uns. Letzterer holte uns freundlicherweise und nach kleiner Preisverhandlung (Einstieg in lokale Gepflogenheiten 😉 ) am Flughafen ab und brachte uns nach einem Zwischenstopp in unserem Riad zu ersteren. Dort hörten wir vier seine Vorschläge zu einer achttägigen Rundreise an, und nachdem er uns preislich entgegenkommen war, schlugen wir ein. Und damit fast genug der Worte, wir lassen Bilder sprechen. Wer dagegen ein wenig mehr Interesse an der Reise an sich, an der einen oder anderen Bemerkung zu Land, Leuten, Hintergründen usw. hat, dem empfehlen wir den unten verlinkten Tagebuchbeitrag.

Co-Starring: Mohamed zwischen Geli und Anke. Er genießt den Moment, denn ansonsten ist ganz klar – bestimmend ist Fatima. (Seine Frau)
Was wäre Marokko ohne Souks – unterwegs mit Mohamed. Ein erster Stopp. Wir befinden uns in Taroudant, präziser im Souk von Taroudant. Ein Souk, in den sich kein Tourist verirrt, in dem wir Touristen daher von niemandem angesprochen werden. Und damit finden wir das nahezu unverfälschte Ideal eines Souks. Mohamed gibt uns eine Einleitung in Sachen Gewürze: Keine offenen Gewürze kaufen, wenn man es nicht gleich verbraucht. Die verlieren ihr Aroma oder haben es schon verloren. Immer luftdicht abgepackte Ware nehmen.
Es gibt selbstverständlich auch Obst und Gemüse und – wenn ich es so ausdrücken darf – noch selbstverständlicher Datteln in jeder Art und Ausprägung.
Im Souk gibt es nicht nur Händler, wir stoßen auch auf jede Art von Handwerk.
Wenn man in die Ecken und Seitengassen schaut, wird man mit dem Angebot praktisch jeden Bedarf decken können.
Die modernen Lastesel sind durchaus spannend …
… und überall unterwegs. Die Gassen des Souks sind auch frequentierte Verkehrsadern – wie sollte es auch anders sein?
Wenn es eine Möglichkeit zur Muße gibt, oder eine Pause bei einem Händler, oder man willkommen geheißen wird, dann gehört der typische Minztee dazu.

Minztee: Zunächst waren wir skeptisch. Anke mag keine Pfefferminze und ich bin auch nicht gerade ein Freund dieses Gewächses. Doch die Minze in Marokko entspricht nicht unserer heimischen Pfefferminze. Es handelt sich um die Grüne oder auch Krause Minze (Mentha spicata) genannte Art. Sie enthält anders als unsere heimische Pfefferminze (Mentha × piperita) nur wenig Menthol, was ihr Aroma angenehmer macht. Mit reichlich Zucker – unten im Glas sieht man noch Zuckerkristalle – ist der hiesige Minztee, auch gerne als „Berber-Whiskey“ bezeichnet, ein angenehmes und auch von uns gerne genommenes Getränk.

Erste Impressionen – Orte mit wehrhaften Mauern, hier Taroudant
Oldtimer im Alltagseinsatz
Irgendwo in der Halbwüste zwischen Hohem Atlas und Anti-Atlas

Überraschenderweise stoßen wir bei unserer Rundfahrt wiederholt auf Kunst in der Landschaft. Mit der Zeit merken wir, dass dies gar nicht so ungewöhnlich ist, wie wir anfangs dachten. Hier bemaltes Gemäuer – es ist in der Tat ein Gemäuer, auch wenn es wie eine Kiesschicht aussieht. Farben und das Symbol beziehen sich auf die Berberflagge.

Oldtimer im Verfall. Wir befinden uns in den Überbleibseln der Kulissen zum Spielfilm „The Hills have Eyes“, in Deutschland unter dem Titel „Hügel der blutigen Augen“ aufgeführt.

Sieht in der Tat so aus, als wären wir im nordamerikanischen Westen.

Bei genauerem Hinsehen sieht es schon etwas unangenehm aus … War ja auch ein Horrorschocker.

Annäherung an die Kasbah von Aït Ben Haddou
Das zarte Rinnsal des Assif Mellah. Im Sommer trocknet der Fluss völlig aus. Heute erlaubt er uns, unser Geschick zu beweisen, denn wir müssen ihn queren, um zur Kasbah zu gelangen. Neben dem Müssen steht das Wollen: Wir wollen ihn trockenen Fußes und Schuhwerks queren.
Am Fuß der Kasbah

Innen gibt es nicht nur wie gewohnt schmale und hier natürlich steile Gassen, es finden sich auch einige Gänge. Und Anke wäre nicht Anke, wenn nicht jeder Gang erkundet werden müsste, stets nach dem Motto, je dunkler, desto besser.

Wir wussten, dass wir eine Weltkulturerbestätte besuchen, aber dass diese bei vielen Filmen als Kulisse diente, war uns nicht klar.

Auch bei der Kasbah von Aït Ben Haddou ist ein Gipfelsturm möglich. Wir sind oben angekommen, d.h. Anke, die kleine Figur am linken Rand des Gemäuers, ist die Erste.
Die vielen Trümmersteine am Rande der Bergfestung laden die touristischen Horden zum Bau von Steinmännchen ein. Unterhalb die moderne Stadt jenseits des Flusses.
Bauliches Detail in der Kasbah. Bei den meisten Dächern dienen Schilfrohrmatten als Unterlage für die Steine und den Lehm der eigentlichen Dachabdeckung. Der Überstand schützt die empfindlichen Lehmwände zudem vor Regen. Anscheinend wichtig, auch wenn es hier sehr selten regnet.
Hilfe beim Rückweg über den Assif Mellah – nicht nötig, aber man / frau nimmt sie ja gerne an. Ein kleiner Obolus wird natürlich erwartet. Diese trittsteingesicherte „Furt“ mit betreuter Querung hatten wir auf dem Hinweg gar nicht wahrgenommen.
Annäherung an die Tiguermin (Plural von Tighremt) von Aït Arbi im Dades-Tal
Das sind schon eindrucksvolle Gebäude, nur leider sind die meisten heute dem Verfall preisgegeben.
Es gibt wohl kaum jemanden, der sich der Faszination dieser Bauten entziehen kann. Stets haben die Erbauer auf Zierrat an den Fassaden geachtet und oft wurden sie von mehreren Familien genutzt.
Natürlich müssen wir in eine solche Ruine herein. Unbekannt übrigens auch für Mohamed, und damit ergänzen sich seine und Ankes Entdecker- und finstere Löchererkundungsinteressen aufs Beste.
Das sieht aus, wie ein ehemaliger Gebetsraum oder eine Mini-Moschee mit Mirhab, der Gebetsnische.

Im Innern dieses Tighremt geht es schon ziemlich spannend zu. Der Blick nach oben zeigt, dass viele Geschossdecken fehlen bzw. im Begriff sind, sich aufzulösen. Unsere Kletterversuche erfordern entsprechende Vorsicht.

Wir sind im höchstmöglichen der für uns risikoarm zugänglichen Geschosse in einem der vier Türme angelangt. Die Löcher in den Wänden zeigen, wo früher mal Balken widergelagert waren. Die meisten fehlen. In die Mitte der jeweiligen Geschossdecke tritt man tunlichst nicht, das könnte einen sehr schnellen Abgang zur Folge haben.
Blick auf die Spitze eines gegenüberliegenden Turms
Spannend sind viele Details: Klassische Bauweise einer Geschossdecke zwischen den tragenden Balken …
… oder ein sehr gut erhaltener Türriegel. Man beachte die Zierschnitzereien.
Auch wenn wir heute keine treffen, Kinder scheinen die Ruinen als beliebte Spielwiese zu betrachten. Erinnerungen an unsere Kindheit mit unserer Vorliebe, auf Baustellen (und den Dächern der Schulturnhallen) herum zu klettern, werden wach.
Jenseits der Tiguermin – die Oasen überraschen immer wieder aufs Neue, hier mit blühendem Klatschmohn.
Wasser inmitten einer Halbwüste. Die Flussoase bei Aït Arbi.

Unten sind Anke Füße abgeschnitten, oben die Felsspitzen. Will sagen, es ist hier eng und die Felswände sind hoch. Deren Spitzen sowieso. Und kein Mensch außer uns geistert hier herum.

Die hiesigen Kiesel sind etwas größer als man es so gewohnt ist. Gut, dass gerade keiner von oben fällt.
Anke erkundet einen seitlichen „Weg“. Man weiß ja nie …
… dabei scheint der einfache Weg doch vorgezeichnet.
Der Umkehrpunkt ist erreicht. Der neue Blick voraus geht nach West. Der Sonne entgegen. Und damit sind schöne Stimmungen und Lichtaspekte verbunden.
Die Schöpfungen der Natur bzw. der geologischen Kräfte überraschen immer wieder.
Nächster Tag. Die Variabilität der Felslandschaften scheint prägend für Marokko.
Ohne Worte
Im Dades-Tal: das nennt man Straßenbau! Ein Paradies für Motorradfahrer übrigens …
In der Todra-Schlucht begegnen wir Touristenscharen, Autos, und erneut zu Tage tretendem Wasser.

Eine Reise mit Guide bedeutet zwangsläufig, dass man an der einen oder anderen Stelle vorbei kommt, bei der man seine Dirham (oder Euro) hinterlassen kann. Das Foto am Beginn des Blogs zeigt es ja bereits, und hier sind Anke und ich berberisch aufgepeppt. Wir blieben allerdings hart. Bis auf ein Berbertuch, Grundlage des Berberturbans, für Anke haben wir nichts erworben.

Naja, wir haben nichts erworben, aber eine kleine Malerei entlohnt …

… wie man sieht.

Wir stoßen auf Chattaratas. Hinter dem Begriff verbirgt sich eine aus dem Jemen stammende Kulturtechnik. Sie besteht darin, dass man unterirdische Wasserkanäle über teils enorme Distanzen anlegt. Notwendigerweise ist für den Bau und Unterhalt solcher Kanäle eine gute Luftversorgung Voraussetzung und der Aushub muss ja auch weg. Also werden in dichten Abständen senkrechte Schächte gegraben, um die herum der Aushub abgelegt wird. Daraus ergibt sich ein eigenartiges Landschaftsbild voller Minikrater.
Hier und da dient so ein Krater als Brunnen. Hier wird uns ein Schöpfwerk demonstriert.
Blick ins Loch
Und endlich, endlich haben wir den Rand der echten Wüste erreicht. Sagen wir mal, der Wüste, die unserer mitteleuropäischen Projektion entspricht. Mohamed füttert ein Dromedar. Ach, Ihr glaubt nicht, dass wir an der Wüste angekommen sind?
Jetzt wird es aber doch glaubhaft, nicht wahr? Vor uns liegt der Erg Chebbi. Eine von zwei kleinen Sandwüsten in Marokko. Die größere der beiden, eben der Erg Chebbi, misst etwa 22 x 5 km. Schon ziemlich bescheiden.
Martin erinnert sich an Tunesien 1989, wo er mit seiner Honda CBX 1000 zwischen Dünen stecken blieb.
Faszinierend ist das Farbenspiel der Dünen, je nach Sonnenstand und Lichteinfall.
Vom Winde in feine Rippeln geweht. Der Sand zu unseren Füßen.
Der Karawanenfüher / Kameltreiber wollte sich ein paar Dirham verdienen. Daher wurde viel geknipst. Die Fracht ist bereit für den kameltypischen Aufstieg – Ups … uuups … uuuuuppps.
Etwas Programm muss sein. Das war uns klar. Und wie man sieht, es macht Spaß. Wir vier, thronen auf den Dromedaren. Hier Geli und Anke.
Die Kamele unserer Minikarawane haben ihre Fracht geschultert und Marschformation eingenommen. Kein Kunststück, denn sie sind eins ans andere gebunden.
Wir zockeln gemütlich einer anderen Gruppe hinterher.
Am Zielpunkt – Rast für die Kamele …
… und die Möglichkeit, auf den Sonnenuntergang zu warten für die kostbare Fracht.
Nach einem weiteren Ritt jenseits des wegen Dunst und Sand unsichtbaren Sonnenuntergangs, will sagen des damit einhergehenden Stopps, überrascht uns unser Zeltlager.
In unserem Zelt. Unsere Jugendcamps waren primitiver. Das hier ist schon die de luxe-Variante, mit separatem, aber eigenem Dusch- und Toilettenraum, etwas Mobiliar und netter Beleuchtung. Vor dem Zelt warten Tisch und Stühle auf einer Art Terrasse. Fehlt nur noch eine nette Flasche Wein, aber die gibt es nicht.
Ohne Worte
Noch mal ohne Worte (Foto: Hans Ruthmann)
Ende im Gelände. Es wird getrommelt und gesungen. Für uns paar Gäste im Zeltlager. Stockhausen grüßt durch afrikanische Rhythmik. So in etwa würde ich die Darbietung charakterisieren.

Und damit haben wir uns in unsere Zeltunterkunft verzogen. Eine gute Gelegenheit, den schon recht langen Blogbeitrag zu beenden. Und die nutzen wir hiermit.

Mehr Erzählung und einiges an Hintergrundinformation bietet das Tagebuch zu diesem Reiseabschnitt.
Wenn ihr auf diese Zeile klickt, könnt Ihr auf das Tagebuch direkt zugreifen.

Zwei Hinweise:
In letzter Zeit gab es zwei Probleme mit unserer Website. Die Abo-Funktion war nicht verfügbar, was wir leider erst nach einigen Wochen gemerkt haben. Und aufgrund eines Fehlers meinerseits (Martin) wurde die Kommentarfunktion mit Spam überschwemmt. Daher musste sie zeitlich befristet gestoppt werden. Nun sollte beides wieder funktionieren bzw. freigeschaltet sein.

Bleibt gesund und lasst Euch kein Kamel für ein Dromedar vormachen, oder war´s ein Trampeltier? 😉

Martin und Anke

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